- November 22, 2019
- Day 79
- Jaipur, India
- 10270 Km
Einer der Gründe dafür, dass wir uns nach Dharamshala für einen Besuch in Palampur entschieden hatten war, dass wir von dort aus den ganzen Weg nach Jaipur mit dem Zug zurücklegen konnten. Ein alter Schmalspurzug fährt die Strecke von Palampur nach Pathankot. Von Pathankot aus sollte es mit dem Nachtzug weiter bis nach Jaipur gehen.
Die Züge in Indien sind oft schon Monate im Voraus ausgebucht. Wir hatten unseren Zug von Pathankot nach Jaipur vier Tage im Voraus gebucht und kamen auf Position dreißig der Warteliste. Deshalb wussten wir am Morgen unserer Abreise nicht, ob wir abends in den Zug einsteigen konnten oder nicht. Wir beschlossen, trotzdem nach Pathankot zu fahren und eine andere Lösung zu finden, falls wir unsere Tickets von der Warteliste nicht bestätigt bekämen.
Eine Planänderung
Am frühen Morgen nahmen wir ein Taxi von unserer Unterkunft zum winzigen Bahnhof von Palampur. Dort wurde uns gesagt, dass die Zugfahrkarten nicht mehr als zehn Minuten vor der Abfahrt des Zuges verkauft werden. Da wir noch genügend Zeit hatten, frühstückten wir in einem nahe gelegenen Straßenrestaurant.
Zehn Minuten vor der Abfahrt des Zuges, als wir endlich die Fahrkarten kaufen konnten, wurde uns gesagt, dass der Schmalspurzug seit vier Monaten nicht mehr bis nach Palampur fahren kann. Anscheinend gibt es auf dem Weg eine kaputte Brücke. Anstatt die 100 Kilometer nach Pathankot zu fahren, könnten wir nur bis zu einem 25 Kilometer entfernten Dorf namens Samloti fahren. Dort müssen wir in einen Bus umsteigen.
In der Schmalspurbahn durch das Kangra-Tal
Die Schmalspurbahn, auch "Toytrain" genannt, war wirklich klein und bezaubernd. Sie tuckerte langsam durch das wunderschöne Kangra-Tal, zwischen den Bergen und den üppigen grünen Feldern.
Eine Gruppe von Kindern im Zug, mit schmutzigen Gesichtern und Kleidung, versuchte, unsere Aufmerksamkeit auf jede erdenkliche Weise zu erregen. Nach einer Weile beschlossen wir, unsere Snacks mit ihnen zu teilen. Eine Zeit lang machte es Spaß, mit ihnen gemeinsam die Zugfahrt zu verbringen, allerdings wurde es bald auch etwas anstrengend. Nach zwei Stunden erreichten wir schließlich Samloti. Später als erwartet, da der Zug aus irgendeinem Gründen lange Aufenthalte in den Stationen dazwischen eingelegt hatte.
Auf Kurzbesuch in Samloti
Samloti war ein kleines, ländliches Dorf. Letztendlich waren wir froh, dass wir dort aus dem Zug aussteigen mussten. Zunächst einmal war der Zug so langsam, dass wir mit dem Bus viel schneller vorankommen würden. Und zweitens wären wir sonst höchstwahrscheinlich nie dazu gekommen, diesen Ort zu sehen. Wir mussten nicht lange an der Straße warten, bis uns die freundlichen Einheimischen zum richtigen herannahenden Bus lotsten. Für uns war es nicht möglich, den richtigen Bus zu erkennen, weil die Reiseziele nur in Hindi angeschrieben waren.
Mit dem Bus nach Pathankot
Die Busfahrt dauerte mit einer Mittagspause etwa 2,5 Stunden. Wir durften vorne im Bus sitzen, wo wir die beste Aussicht hatten und die Fahrt dadurch gefühlt schneller verging. Während der Busfahrt bekamen wir eine Nachricht von der Indischen Eisenbahn (die Zug-App ist sehr praktisch!), dass wir es von der Warteliste auf ein RAC-Ticket geschafft hatten. RAC bedeutet, dass sich zwei Personen eine Liege teilen, aber für uns war das mehr als in Ordnung.
Zu viel Zeit in Pathankot
Unser Bus kam gegen drei Uhr in Pathankot an. Das bedeutete, dass wir etwa fünf Stunden Zeit hatten, bevor unser Zug gegen acht Uhr abends abfuhr. Es gab keinen Gepäckaufbewahrungsraum am Bahnhof, aber die hilfsbereite Mitarbeiterin am Fahrkartenschalter bot uns netterweise an, auf unser Gepäck hinter dem Schalter aufzupassen, während wir die Stadt erkundeten.
Pathankot war eine ziemlich chaotische indische Stadt. Hupen, Müll fressende Ziegen und Kühe, die mitten auf der Straße standen, kleine Läden, die alles von Lebensmitteln bis hin zu riesigen Götter-Statuen verkauften.
Während wir in einem Straßenrestaurant zu Mittag aßen, erhielten wir die Nachricht, dass unser Zug drei Stunden Verspätung hatte und erst um elf Uhr abfahren würde. Wir dachten nicht, dass wir es auf den hektischen Straßen noch weitere drei Stunden aushalten würden, daher versuchten wir einen enspannteren Ort zum Abhängen zu finden.
Zuerst gingen wir in ein kleines Einkaufszentrum und dann besuchten wir einen schönen Tempel. Danach hatten wir noch mehr als genug Zeit, also googelten wir einige Cafés und landeten in einem, das My Little Cafe hieß. Es war etwas teurer als die typischen Restaurants in Indien, aber der Ort war gemütlich und hatte eine nette Dachterrasse, um etwas Zeit totzuschlagen. Als wir dort ankamen, platzten wir mitten in ein Hochzeits-Fotoshooting mit mehreren Kameras und Leuchten. Als die die Fotografen fertig waren, wollten sie unbedingt ein Selfie mit uns machen, zur Abwechslung für uns mal mit professioneller Fotoausrüstung. Danach stopften wir uns mit Kuchen voll und planten noch unsere weitere Reise.
Nacht (und Tag) im Sleeper Wagon
Gegen zehn Uhr nahmen wir eine Rikscha zurück zum Bahnhof, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt schon wussten, dass der Zug noch mehr Verspätung haben würde.
Nachdem wir ein paar Stunden am Bahnhof herumgehangen hatten, konnten wir schließlich gegen Ein Uhr nachts, fünf Stunden später als geplant, in unseren Zug einsteigen und unser erstes indisches Nachtzugerlebnis dieser Reise beginnen. Wir reisten in der günstigsten Liegewagen Klasse, die logischerweise "Sleeper Class" heißt.
Da es bereits Nacht war, begannen wir fast sofort zu schlafen und teilten uns eine Liege, da wir ein RAC-Ticket hatten. Gerade als wir eingeschlafen waren, kam der Schaffner zu uns und sagte uns, dass es eine freie Liege gibt, auf der einer von uns schlafen kann. Johanna schlief auf der mittleren Liege auf der anderen Seite des Ganges weiter. Nach einer Weile wurde sie von einem Mann geweckt, der sie schüchtern darauf aufmerksam machte, dass die Liege in Wirklichkeit seine sei. Johanna wechselte wieder zurück auf die Liege wo ich schlief. Wir konnten nicht lange schlafen, bis der Schaffner wieder zu uns kam und uns helfen wollte, indem er Johanna an einen anderen freien Liegeplatz verlegte.
Neben diesem Tohuwabohu und dem nächtlichen Kommen und Gehen der Passagiere hielt uns auch die Kälte wach. Die Fenster der Sleeper Class sind nicht sehr dicht, und die Türen werden oft ganz offengelassen. Das bedeutet, dass wenn es draußen kalt ist, auch innen kalt ist. Wir schliefen mit unseren Kapuzen, Jacken, Mützen und Schals und froren noch immer (in der Sleeper Class gibt es keine Decken oder ähnliches).
Der Morgen begann früh mit Chai-Verkäufern, die an den Bahnhöfen in den Zug stiegen und durch die Waggons eilten und „Chajaachajaachajaaaa“ riefen. Bald folgten auch die Snackverkäufer. Trotzdem waren nicht verärgert aufgeweckt zu werden, nachdem wir endlich etwas Schlaf bekommen hatten - die Snack- und Chai-Verkäufer sind ein wichtiger Bestandteil einer Zugfahrt in Indien und wir hatten sie wirklich vermisst! Den Rest des Tages verbrachten wir mit damit Snacks zu Essen und zu beobachten wie die Welt durch das Fenster an uns vorbeizog. Wir kamen um drei Uhr nachmittags, mit fünf Stunden Verspätung in Jaipur an.