- Day 107
- Hampi, India
- 12721 Km
Im Dezember verbrachten wir 11 wunderschöne Tage in Hampi. Wir haben Notizen über unsere Tage dort geschrieben, wie wir es normalerweise für unseren Blog tun, aber bis zur Veröffentlichung dieses Textes hat sich alles geändert. Hampi, wie wir es kennen, existiert nicht mehr. Anfang März 2020 haben die Behörden den gesamten Teil des Gebiets, der als Hampi-Island bekannt ist, mit Bulldozern demoliert. Die dortigen Guesthouses, Restaurants und Geschäfte sind inzwischen vollständig abgerissen. Es ist traurig für alle Reisenden, die sich in diesen einzigartigen Ort verliebt haben, aber am traurigsten ist es für die Menschen, die dort gelebt haben. Zusammen mit ihren Geschäften haben sie alles verloren. Alles, was sie mit ihren eigenen Händen aufgebaut haben, ihre Einkommensquelle, ihre Häuser.
Was Hampi für uns war
Hampi, im indischen Bundesstaat Karnataka, ist ein Ort mit alten Tempeln und Ruinen. Die Landschaft ist fast wie von einem anderen Stern. Neben Palmen und ausgedehnten, grünen Reisfeldern gibt es große Felsplateaus mit fast der Schwerkraft trotzenden Felsformationen mit riesigen, übereinander stehenden Felsblöcken.
Wegen der Felsblöcke gilt der Ort als Mekka für die internationale Boulderszene. Dies ist es unter anderem, was Seri viele Male nach Hampi zurückgebracht hat. Für Johanna, die nicht klettert, war dies auch schon das dritte Mal dort. Denn hier ging es nicht nur um das Klettern oder um die beeindruckenden Ruinen. Virupapura Gaddi auf der den Tempeln entgegengesetzten Seite des Flusses, auch bekannt als die Hampi-Island, war eine entspannte Backpacker-Blubble mit einer atemberaubend schöner Umgebung.
Wie schon bei früheren Besuchen, quartierten wir uns auch diesmal im Goan Corner ein. Wenn wir über den Goan Corner sprechen, bricht es uns das Herz, dass wir die Vergangenheitsform verwenden müssen. Es war ein Ort, der sich fast wie ein Zuhause anfühlte, aber er existiert auch nicht mehr. Es war auch ein Ort, an dem viele Reisende lange Zeit blieben, sogar viel länger als wir. Viele von ihnen waren zum Bouldern da, so dass es immer leicht war, Gesellschaft zu finden, um gemeinsam Bouldern zu gehen oder abends Zeit miteinander zu verbringen.
Wir haben dort immer nette Leute getroffen und neue Freunde gefunden. Neben den Hütten für die Gäste und dem Restaurant, das leckeres Essen serviert, hatte die Familie, die den Goan Corner betreibt, ihr eigenes schönes Haus auf dem Grundstück. Nachdem der ganze Ort abgerissen wurde, haben sie kein Zuhause mehr.
Unsere Tage in Hampi waren glücklich. Seri ging ein- oder zweimal am Tag klettern und Johanna machte jeden Tag Yoga. Sie hatte das Glück, Manti, einen großartigen und sehr motivierenden Lehrer zu finden, der seine Yogastunden in einem großen "Zelt" im Wald abhielt. Zwischendurch entspannten wir uns in der Hängematte oder verbrachten einige Zeit mit den anderen im Restaurant. Johanna hat auch einige kleinere Grafikjobs am Computer erledigt.
An einem Tag mieteten wir ein Moped und unternahmen mit Freunden einen kleinen Ausflug in die umliegenden Dörfer und Natur. An einem anderen Tag erkundeten wir einige der Tempelruinen auf der anderen Seite des Flusses.
Nach 11 Tagen beschlossen wir, dass wir weiterreisen mussten, weil unser indisches Visum nur noch einige Wochen gültig war und wir noch den Nordosten erkunden wollten. Die Abreise war nicht einfach, aber wir wussten, dass wir zurückkommen würden. Bis zum nächsten Mal, sagten wir. Nur dass wir jetzt wissen, dass es kein nächstes Mal gibt.
Was ist in Hampi passiert?
Was in Hampi geschehen ist, ist für uns ziemlich schwer zu nachzuvollziehen. Während unseres Aufenthaltes haben nicht viele über das Thema gesprochen, und es gibt auch viele Fehlinformationen und Gerüchte, die im Umlauf sind. Deshalb war es schwierig, ein komplettes Bild davon zu bekommen, was genau vor sich ging. Es gibt viele Fragen zu diesem Thema, die wahrscheinlich nie beantwortet werden.
Das UNESCO-Weltkulturerbe Hampi begann in den 90er Jahren zu einem beliebten Ziel auf dem Backpacker-Pfad in Indien zu werden. Neben der Einzigartigkeit des Ortes, die die Menschen anzog, war er auch von beliebten Reisedestinationen wie Goa aus gut erreichbar. Es wurde viel Infrastruktur wie Hotels, Restaurants und Geschäfte gebaut. Darüber hinaus entwickelte sich Hampi zu einem weltberühmten Bouldergebiet.
Nachdem die UNESCO das Weltkulturerbe Hampi wegen des wachsenden Tourismus als gefährdet eingestuft hatte, wies die Gebietsverwaltungsbehörde die lokalen Behörden an, keine Lizenzen zu verlängern oder neue Genehmigungen für kommerzielle Aktivitäten zu erteilen. Es hätte einen Integrierten Managementplan von einem indischen Experten für den Schutz des Weltkulturerbes gegeben, der die Entwicklung sanft in eine nachhaltigere Richtung hätte lenken sollen. Die Gebietsverwaltungsbehörde beschloss jedoch, einen eigenen Plan zu erstellen, der die Entwicklung vor allem als Bedrohung ansah. Darüber hinaus gab es seit vielen Jahren Gerüchte über Pläne zum Bau von Luxusresorts in diesem Gebiet, die natürlich vom Abriss des größten Teils der bestehenden Infrastruktur profitieren würden.
Im Jahr 2011 wurde der Hampi-Basar, der den Tempeln am nächsten gelegenen Ort, zusammen mit den Häusern der Einheimischen abgerissen. Viele der Guesthouses in Hampi Island hatten bereits vor Gericht Einspruch eingelegt, um ihr Eigentum vor demselben Schicksal zu schützen. In der Zwischenzeit, im Jahr 2016, wurde auch der alte Teil von Virupapura Gaddi abgerissen. Am 11. Februar 2020 wurde der Einspruch vom Obersten Gericht abgewiesen. Es folgte die vollständige Zerstörung von Virupapura Gaddi.
Für uns macht das alles keinen Sinn, da es in der unmittelbaren Nähe von Hampi-Island keine antiken Tempel gibt. Und selbst wenn es sie gäbe, stellt sich die Frage ob es wichtiger ist, alte Denkmäler oder das Leben und die Kultur der Menschen, die jetzt dort leben, zu erhalten?
Hier findet ihr weitere Informationen zum Thema:
https://www.whatisthis.technology/hampi.html
https://medium.com/@trixiepacis/hampi-island-a-paradise-lost-80653f2e4d7e