- November 14, 2019
- Day 71
- Amritsar, India
- 9074 Km
Nachdem wir aus Pakistan kommend die Grenze in Wagah überquert hatten, verbrachten wir unsere ersten Tage in Indien in Amritsar, der "Goldenen Stadt". In diesen Tagen haben wir festgestellt, dass Indien sich seit unserem letzten Besuch 2014 verändert hat. Außerdem haben wir einige interessante Sehenswürdigkeiten in Amritsar besucht, einen Einblick in die Geschichte der Teilung Indiens bekommen und einem indischem Freund das Skateboardfahren beigebracht.
Geschafft, wir sind in Indien
Nach 2 Monaten und 3 Tagen Reisen über den Landweg, sind wir hier in Indien! Da es eines unserer Lieblingsländer zum Reisen ist, waren wir schon ein paar Mal hier. Trotzdem waren wir darauf vorbereitet, bei unserer Ankunft von allem überwältigt zu werden. Zumindest hatten wir erwartet, dass wir gleich auf dieser Seite der Grenze von Bettlern und aufdringlichen Rikschafahrern umzingelt werden. Aber diesmal passierte nichts. Hat sich Indien verändert? Oder vielleicht liegt es daran, dass wir über den Landweg gekommen sind und uns langsam an alles gewöhnen konnten. Oder vielleicht liegt es auch daran, dass Amritsar, obwohl laut und etwas chaotisch, trotzdem wie eine freundliche Stadt wirkt. Mal sehen, ob der Kulturschock später einsetzt.
Unsere Ankunft in Amritsar - Erster Abend in Indien
Als wir bei unserer Gastfamilie in Amritsar ankamen, wurden wir von einer sehr herzlichen und einladenden Familie begrüßt. Leider gab es ein Problem mit dem Wasseranschluss in unserem Zimmer, das nicht vor dem nächsten Morgen behoben werden konnte. Deshalb mussten sie uns für die erste Nacht in ein Hotel nebenan verlegen. Das Zimmer war in Ordnung, aber ansonsten fühlten wir uns dort nicht so gut. Die Tauben, die an unserem Fenster lebten, hielten uns die halbe Nacht wach. Auch waren wir uns nicht sicher, was wir von dem jungen Mann an der Rezeption (die direkt neben unserem Zimmer lag) halten sollten, der sich am späten Abend einige Hardcore-Erwachsenenfilme auf voller Lautstärke anschaute... Zum Glück mussten wir nur eine Nacht an diesem Ort verbringen.
An unserem ersten Abend, vor dem Schlafengehen, genossen wir die kulinarischen (und alkoholischen) Wunder, die Indien zu bieten hat. Wir hatten ein wirklich gutes Thali (eine Sammlung von verschiedenen Currys, Naan und Reis) in einem einfachen Restaurant um die Ecke und waren glücklich, wieder in diesem Schlaraffenland für Vegetarier zu sein!
Nachdem wir über drei Wochen ohne einen Tropfen Alkohol durch Pakistan gereist waren, freuten wir uns auf ein eiskaltes Bier zum ersten indischen Abendessen. Leider hatte das Restaurant nicht unsere indische Standardmarke Kingfisher, so dass wir uns mit Thunderbolt zufriedengeben mussten. Leider schmeckte es wirklich schlecht - es hatte sich definitiv nicht gelohnt, die letzten drei Wochen darauf zu warten.
Wir wollten immer noch unser Kingfisher haben, also machten wir einen Spaziergang, um eine Bar zu finden, aber es scheint, dass die wenigen Bars, die es in Amritsar gibt, alle sehr früh schließen. Auf dem Rückweg stießen wir auf denselben Rikscha-Fahrer, der uns von Wagah nach Amritsar gebracht hatte. Er freute sich so sehr, uns wiederzusehen, dass er uns, nachdem wir ein paar Selfies mit seinen aktuellen Kunden machten, kostenlos mitgenommen hat. Wow, also sogar die Rikschafahrer in Amritsar sind sehr nett! Etwas, das wir nicht oft in Indien erlebt haben.
Endlich in der richtigen Unterkunft
Am nächsten Morgen konnten wir glücklicherweise in den von uns gebuchten Homestay, den MYE Homestay, umziehen. Wir genossen unseren Aufenthalt dort sehr. Das Zimmer war sauber und gemütlich. Das einzige, was unseren Schlaf störte, war ein 3-tägiges Fest der christlichen Gemeinde nebenan. Die Musik begann jeden Morgen gegen Sonnenaufgang und die Feierlichkeiten dauerten den ganzen Tag.
Unsere Unterkunft hatte auch eine schöne Dachterrasse, auf der wir abends die Zeit verbringen oder morgens Yoga machen konnten.
Und die Familie war super nett. Wir haben uns mit dem Sohn Rohin angefreundet, der ein paar Jahre jünger war als wir. Er wollte Skateboarden lernen, also verbrachten wir ein paar Nachmittage auf Rollschuhringen, um ihm die Grundlagen beizubringen. Es hat uns allen viel Spaß gemacht. Rohin half uns im Gegenzug bei der fast unmöglichen Mission, eine Sim-Karte zu bekommen...
Die lange Suche nach einer indischen Sim-Karte
Eine indische Sim-Karte zu bekommen, hat ernsthaft einen großen Teil unserer Zeit in Amritsar verbraucht. Zuerst haben wir versucht, sie von einem Anbieter namens Jio zu bekommen, den wir nicht wirklich empfehlen können. Wir wurden von einem Geschäft zum anderen geschickt, nur weil niemand zu wissen schien, wie man Sim-Karten für Ausländer registriert und sich nicht darum kümmern wollte. Wir versuchten es sogar, indem wir selbst den Kundenservice anriefen, damit er uns sagt, was die Mitarbeiter im Geschäft tun sollten. Am Ende musste Rohin mit uns kommen, weil sie einen lokalen Ansprechpartner brauchten, aber es half auch nichts.
Nach drei Tagen gaben wir auf und gingen zu einem anderen Anbieter, Airtel. Auch sie konnten uns im ersten Geschäft nicht helfen, riefen aber bei einem weiteren an, um sicher zu gehen, dass wir dort unsere Sim-Karte bekommen. Dann besorgte uns ein freundlicher Arbeiter eine Rikscha zum anderen Laden. Das Service dort war professionell und wir bekamen schließlich unsere indischen Sim-Karten. Empfehlung für Airtel!!!
Eine Sim-Karte ist eine sehr praktische Unterstützung, um in Indien zu reisen. Seit den letzten fünf Jahren (und unserem letzten Besuch) hatte sich einiges verändert. Zum Beispiel muss man nicht mehr stundenlang am Schalter anstehen, um ein Zugticket zu bekommen - dafür gibt es eine App. Auch das ständige Feilschen mit Rikscha-Fahrern ist dank Diensten wie Uber und Ola reduziert worden.
Sightseeing in Amritsar
Neben dem Besuch der Shops der Telefonanbieter und zwei Eislaufbahnen schauten wir auch einige Sehenswürdigkeiten in Amritsar an.
Goldener Tempel
Die berühmteste Sehenswürdigkeit in Amritsar, wenn nicht sogar im gesamten Punjab, ist der Goldene Tempel. In Amritsar sind 58% der Bevölkerung Sikhs. Im Sikhismus bedeutet Gurdwara der Ort der Verehrung. Der Goldene Tempel ist der wichtigste von allen Gurdwaras und Amritsar ist die heiligste Stadt für Sikhs.
Während wir in Amritsar waren, war zufällig der 155. Geburtstag des Sikh-Guru Nanak Dev. Viele waren an diesem besonderen Tag in den Goldenen Tempel gekommen, sogar der Dalai-Lama hatte ihn am Tag vor uns besucht. Daher war die Schlange zum Tempel selbst zu lang, als dass wir hineinkommen konnten, aber auf dem Gelände des Goldenen Tempels gab es noch andere prächtige heilige Gebäude, die wir bewundern konnten.
Es gibt dort auch eine Gemeinschaftsküche, in der jeder kostenlos (oder gegen eine freie Spende) essen kann. Das Abendessen dort war etwas ganz Besonderes. Alles läuft ab wie am Fließband. Wir stellten uns an, um einen Teller zu holen, setzten uns auf den Boden. Jemand kommt mit Eimer und Löffel und wirft allen etwas Daal auf den Teller, eine andere Person kommt und verteilt Chapatis (Brote). Sobald unsere Teller leer waren, kamen noch mehr Daal und Chapatis.
Aber so schnell wie das alles begann, so schnell endete es auch wieder. Nach kurzer Zeit mussten wir aufstehen und Platz für die Reinigung machen, bevor die nächste Ladung hungriger Münder in den Speisesaal kam.
Wir gaben unsere Teller einem der vielen Helfer, welcher sie in die Küche brachte. Die Teller werden dort von einer Person zur anderen, durch verschiedene Waschstationen geworfen, bis sie wieder sauber waren. Die Geräusche, die die fliegenden Metallteller während des Reinigungsprozesses in der Küche machten, werden wir nicht so schnell vergessen. Auf jeden Fall war der hochprofessionelle und gut organisierte Ablauf beeindruckend.
Gobindgarh Fort
Das im 18. Jahrhundertth erbaute Fort dient heute als eine Kombination von Museen. Es gibt viele Informationen und Shows über die Geschichte des Punjabs und der Sikh-Kultur. Die Eintrittskarten werden als eine Kombination aus verschiedenen Museen, Shows und Aktivitäten verkauft. Wir kauften das günstigste Ticket, das den Eintritt für das Fort, das Turban-Museum, eine 7D-Show und eine Live-Show beinhaltete.
Die 7D-Kinovorführung war ein netter animierter 3D-Film, der auf Maharaja Ranjit Singhs Lebensgeschichte basierte, und mit sich schüttelnden Stühlen, Wassersprühern und Luftgebläsen untermalt wurde.
Wir sahen uns den letzten Teil der Liveshow mit allen möglichen Sikh-Waffen an und beschlossen danach, im Fort herumzuschlendern. Als wir das Fort verlassen wollten, begann die Live-Show wieder, gefolgt von der Whispering Walls Show, für die wir kein Ticket hatten.
Wir beschlossen, trotzdem zu bleiben und sie uns anzusehen. Es war eine multimediale Ton- und Lichtshow, bei der die Geschichte des Gobindgarh-Forts mit Laserlicht auf den Kolonial-Bungalow projiziert wurde. Da die Show in Hindi gezeigt wurde, haben wir nicht allzu viel verstanden, aber die Animationen und Effekte waren beeindruckend. Definitiv der Höhepunkt unseres Besuchs im Fort.
Das Partition Museum
Eine weitere wichtige Sehenswürdigkeit von Amritsar ist das Museum zur Teilung Indiens in der Town Hall. 1947 Indien unabhängig und in Indien sowie Pakistan geteilt. Die Grenzen wurden von dem britischen Anwalt Cyril Radcliff auf basierend auf Religiöser Zugehörigkeit gezogen. Bis zum letzten Moment war für viele Menschen unklar, wo genau die Grenze gezogen wird. Daher fanden sich Viele über Nacht im falschen Land wieder und in diesem Zusammenhang verloren 800 000 Menschen ihr Leben. Es war traurig und interessant, tiefer in diesen Teil der indischen Geschichte einzutauchen, zumal wir gerade aus Pakistan gekommen waren. Vor der Teilung waren Amritsar und Lahore (unsere vorherige Station auf dieser Reise) nur zwei benachbarte Städte in einem Land. Das Museum (das natürlich die Geschichte aus indischer Sicht zeigte) war sehr informativ und gut gemacht.
Und einige Essens-Tipps in Amritsar
Wie gesagt, wir genossen es wirklich, wieder in Indien zu sein, wo es unglaublich einfach ist, Vegetarier zu sein. Grundsätzlich kann man überall gutes Essen finden, aber wir begannen, ein Restaurant besonders zu mögen. Wir sind uns nicht sicher, wie das Restaurant hieß, aber es lag direkt gegenüber dem Chrystal Restaurant in der Queen's Road, im zweiten Stock, und hatte das Wort "Bombay" im Namen. Es war günstig, sauber und der Service war gut. Aber das wichtigste war natürlich, dass alles was wir dort aßen, wirklich hervorragend schmeckte.
Ein weiterer Ort, der uns in der gleichen Straße gefiel, war das Friend's Dhaba. Es war das Restaurant, in dem wir an unserem ersten Abend Thalis gegessen hatten und wohin wir später für ein weiteres leckeres Essen zurückkehrten.
Abschied von Amritsar
Nachdem wir die Kälte in den Bergen Pakistans überlebt hatten, konnten wir uns nicht vorstellen, nur eine Woche später wieder in die Berge zu fahren. Aber während wir in Amritsar etwas Reiseplanung betrieben hatten, schauten wir auf die Karte und stellten fest, dass Dharamshala, ein Ort, den wir sehr gerne mögen, nicht so weit weg ist. Anscheinend sind wir Masochisten oder haben uns unbewusst den Arsch abgefroren, denn als nächstes ging es nach Dharamshala im Staat Himachal Pradesh, im indischen Himalaya...