- September 27, 2019
- Day 23
- Almaty, Kazakhstan
- 4975 Km
Wir hatten in der zweiten Klasse des Nacht-Schnellzugs von Nur-Sultan nach Almaty eine recht komfortable und entspannende Reise. Auch unsere Mitreisenden im Abteil waren sehr nett und rücksichtsvoll. Als wir in Almaty ankamen, hatten wir sofort ein gutes Gefühl, es war warm sonnig und grün.
Wir mochten Almaty aus vielen Gründen. Es war eine angenehme Stadt umgeben von Bergen, mit Parks, kleinen Flüssen, modernen Cafés und zahlreichen Outdooraktivitäten. Es fühlte sich an wie ein Ort an dem Europa auf Asien trifft und an dem es ein bisschen von allem gibt. Weil wir uns entschieden unsere Visa für Indien in Almaty zu beantragen und daher warten mussten, verbrachten wir im Endeffekt acht Nächte dort. Vielleicht wären wir aber sowieso ähnlich lang geblieben, da uns die Umgebung und das Hostel sehr gut gefallen haben. Hier im Detail was für uns den Aufenthalt in Almaty besonders gemacht hat:
Das Hostel
Unsere Unterkunft das European Backpacker’s Hostel , war der Perfekte Ausgangspunkt für viele Aktivitäten in und um Almaty. Es gab einen wunderschönen Garten und obwohl wir in der Stadt waren, wurden wir jeden Morgen von den Hühnern am Nachbargrundstück geweckt. Unser Hostel war auf einem Hügel weswegen wir eine super Downhillstrecke am Fluss entlang mit den Skateboards ins Stadtzentrum hatten.
Die anderen Gäste waren sehr nett und abends saßen wir meistens in einer größeren Runde zusammen, redeten und tauschten uns über unsere Reiseerfahrungen und Pläne aus. Es gibt so viele Arten zu reisen, alle haben ihre Vor- und Nachtteile. Manche reisen in Geländewagen, andere fahren mit dem Fahrrad um die halbe Welt, manche sind mit dem Zelt unterwegs und manche wie wir. Da viele Orte in Kasachstan nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind und es oft keine Übernachtungsmöglichkeiten gab, wäre es für diesen Teil der Reise großartig gewesen ein eigenes Auto oder zumindest Campingausrüstung zu haben.
Nette Aktivitäten in Almaty
Da wir mit der Organisation und Recherche rund um unsere Reise relativ viel zu tun hatten, sahen wir nicht besonders viel von der Stadt, wenn man bedenkt, dass wir eine ganze Woche dort waren. Auch waren wir etwas eingeschränkt, da ich ziemlich verkühlt war und vor mich hin kränkelte. Wir besuchten einige Parks, am besten gefiel uns der Central Park, welcher recht gut besucht war. Es gab einige Sportanlagen, einen Skatepark, einen kleinen See mit Bootsverleih und sogar einen Vergnügungspark.
Ein weiterer Vergnügungspark befindet sich auch am Kok Tobe , dem Hausberg von Almaty. Der Gipfel ist per Seilbahn erreichbar und sogar Johanna genoss die Fahrt. Der Ausblick vom Gipfel auf Almaty und die umliegenden Berge war überwältigend, der Vergnügungspark mit übertrieben fröhlichem Kindergesang und weitgehend leeren Fahrgeschäften in der Dämmerung etwas angsteinflößend.
Was uns auch gut gefiel, war der Zelenyy Bazar. Nicht nur wegen der vergleichsweisen guten Qualität und Auswahl an Obst und Gemüse, auch weil wir alle möglichen regionalen Snacks probieren konnten und glücklicherweise auch einige vegetarische fanden.
Viele Aktivitäten um Almaty
Die Möglichkeiten, die die Natur um Almaty bietet, schienen unendlich. Von unzähligen Wanderrouten in den Bergen bis hin zu heißen Quellen, sind die Ausgangspunkte für viele Aktivitäten mit den Buslinien aus Almaty erreichbar. Wir entschieden uns für zwei Tagesausflüge: einen Besuch des strahlend türkisen Big Almaty Lake und eine Wanderung zu den Butakovka Wasserfällen. Mehr darüber findet ihr hier.
Serzhan & Roza
Im Zug von Almaty nach Nur-Sultan teilten wir unser vierer Abteil mit Serzhan und Rosa. Wir hatten Glück, da beide sehr offen und warmherzig waren und Serzhan auch englisch sprach. Daher konnten wir endlich auch mal im Zug längere und tiefsinnigere Gespräche führen. Serzhan, war ein Künstler und machte traditionellen kasachischen Schmuck aus Metall und Naturmaterialien, den er immer wieder auf Normedenfestivals und Kunstmärkten in der ganzen Welt verkauft. Da er deshalb auch viel gereist war, hatten wir viele Anknüpfungspunkte. Aus dem nichts fragte er irgendwann ob wir Vegetarier sind. Erstaunt erwiderten wir ja und wie er darauf kommt. Er antwortete, dass es unser Stil war und ein Freund von ihm der Vegetarier ist einen ähnlichen Stil hat. In der Früh, bevor wir in Almaty ankamen, sagten uns Serzhan und Roza, dass wir sie in ihrem Haus in Almaty besuchen können, was wir natürlich machten.
Das Haus war etwas außerhalb von Almaty in einer Siedlung mit kleineren Häusern. Es war schön auch diese Seite der Stadt mal kennenzulernen. Wir wurden herzlich mit Umarmungen und Küssen von Serzhan, Roza und Rozas Schwester empfangen. Serzhan zeigte uns den Garten, viele Obstbäume und Rozas unterschiedliche Rosen. Danach schauten wir beindruckt die Schmuckwerkstatt an.
Danach war das Haus an der Reihe. Im Anschluss nahmen wir am reich gedeckten Esstisch Platz, den Rosa mit zahlreichen vegetarischen Speisen vorbereitet hatte - das Essen war großartig!
Wir hatten gute und interessante Unterhaltungen und waren sehr glücklich und dankbar über die Einladung. Nach dem Essen wollte Johanna nochmal die Werkstatt sehen und kaufte ein paar Ohrringe, die ihr besonders gut gefielen als Erinnerung. Bevor wir gingen bekam Johanna noch einen Schal geschenkt und Serzhan und Roza packten zahlreiche Snacks für uns zum mitnehmen ein. Soooo nette Menschen!
Am weg zurück, trafen wir im Bus einen netten 12jährigen Jungen, der unbedingt mit uns englisch sprechen wollte. Als er uns miteinander englisch sprechen hörte, rief er anscheinend überrascht und überwältigt: „What is happening!!?“ Wir redeten den ganzen Weg (eine knappe Stunde) über Horrorfilme, alte Konsolenspiele, seinen Englischunterricht, seine Freundin und vieles mehr. Falls ihr jemanden sucht der englisch spricht, versucht es mit Jungs in Schuluniform!
Das indische Visum beantragen
Da uns vor der Reise die Zeit ausging beschlossen wir das indische Visum in Almaty zu beantragen. Es gibt auch die Möglichkeit E-Visa oder Visa on arrival zu beantragen, da wir auf dem Landweg reisen brauchten wir allerdings ein reguläres Visum. Trotzdem mussten wir den Antrag zuerst online ausfüllen, wofür wir fast zwei Tage brauchten, da die Seite immer wieder zusammenbrach. Danach mussten wir den gedruckten Antrag zum indischen Konsulat bringen. Da wir freitags in Almaty ankamen, mussten wir bis Montag warten. Das Konsulat zu finden, war recht kompliziert, dass es im Internet drei verschiedene Adresse gab, was wir herausfanden, nachdem wir vor der verlassenen Adresse Nummer eins standen. Die richtige Adresse ist: Zarakova 362 in Al-Farabi, falls sie jemand benötigt.
Als wir endlich am richtigen Ort, sechs Kilometer entfernt von der ursprünglichen Adresse, waren, fanden wir heraus, dass die Beantragung nicht so einfach wie in Europa werden sollte. Wir erfuhren, dass Fremde in Kasachstan normal nur Visa für kürzere Zeit (3 Monate) bekommen, was kein Problem gewesen wäre, wenn das das Visum nicht mit dem Tag des Drucks gestartet hätte. Daher brauchten wir für unsere Reisepläne mindestens vier Monate und auch mehrere Einreisen, da wir die umliegenden Länder bereisen und danach zurück nach Indien wollten.
Nachdem wir der freundlichen Mitarbeiterin, die Situation erklärten, bestellte uns der Konsul überraschenderweise zu sich. Wir waren aufgeregt als wir das Büro betraten. Er fragte uns mit ernster Miene „Why do you want to go to Pakistan?” Die Stimmung wurde danach immer freundlicher und der Konsul entpuppte sich als höflicher und sympathischer Gesprächspartner, der uns über die Risiken unserer Reise und die angespannte Stimmung zwischen Indien und Pakistan informieren wollte. Nach einer langen Unterhaltung und der Zusicherung, dass wir uns über die Risiken unserer reise im Klaren waren, sagte er, dass er unsere Visen gewähren wird. Allerdings konnte er uns die vier Monate nicht zusichern aber es versuchen und uns maximal eine doppelte Einreise geben. Er scherzte über meine Plugs und den Bart und wir mussten ihm versprechen ihm zu schreiben, wenn wir es in Wagah über die indische Grenze geschafft hatten. Mit seiner freundlichen und überlegten indischen Art erinnerte uns der Konsul an die netten Begegnungen in Indien und wir freuten uns schon darauf bald dort zu sein. Nach fünf Tagen bekamen wir unsere Visen und waren überrascht, wir bekamen 4 Monate Aufenthalt und dreifache Einreise bewilligt :-)
Zeit für Abenteuer
Da wir unsere Visen am Freitag abholen konnten, entschieden wir Samstag früh weiterzureisen. Almaty fühlte sich mittlerweile schon so gewohnt an, so dass es fast ein bisschen traurig war weiterzureisen. Auf der anderen Seite war es an der Zeit sich Richtung weiterzubewegen. Wir hatten beschlossen über den abgelegenen Karkara Grenzposten nach Kirgisistan einzureisen, was ohne eigenes Auto schwierig werden würde. Auf dem Weg wollten wir noch einen Stopp im Charyn Canyon einlegen. Wir bereiteten uns auf Autostoppen und längere Märsche mit unseren Rucksäcken vor. Es fühlte sich an, als würde das Abenteuer erst jetzt beginnen, da bisher alles recht einfach war.